Aktien bewerten – aber wie? 5 einfache Kennzahlen für Deine Schnellanalyse

Wer viel in den Aktien-Gruppen verschiedener Sozialer Netzwerke unterwegs ist, dem kann bei so manchem Posting schon mal das Grausen kommen. Das gilt gerade auch für die Frage, wann eine Aktie kaufenswert ist. Denn um die beantworten zu können, muss man erst einmal wissen, wie man Aktien bewerten kann.

Dazu reicht es leider nicht, einfach auf den Kurs zu schauen und festzustellen: Oh, die Wasserstoffaktie X kostet gerade einmal 1 oder 2 Euro – wie günstig, die hole ich mir!

Also, das kann man schon machen.

Aber dann brauchst Du Dich auch nicht zu wundern, wenn Dir beim Blick in Dein Depot ein Meer aus roten Zahlen entgegen leuchtet.

Die Tatsache, dass Du diesen Artikel liest, spricht allerdings schon mal dafür, dass Du bereit bist, Dir mit Deiner Aktienauswahl deutlich mehr Mühe zu geben. Eine erfolgversprechende Voraussetzung!?

Hinweis: Für Eilige und Lesefaule sind unter der Rubrik "Der schnelle Happen" die Kernaussagen zusammengefasst.

1. Was heißt Aktien bewerten?

Das naheliegendste Problem beim Aktien bewerten liegt darin, dass es am Ende des Tages keine Wissenschaft, sondern eher eine Kunst ist. Es gibt kein Patentrezept. Nichts was Dir zu 100 Prozent eine erfolgreiche Anlage garantiert.

Klingt vielleicht erstmal ernüchternd, solltest Du aber akzeptieren.

„Warum dann dieser Artikel?“, fragt sich jetzt vielleicht der eine oder andere. Die Antwort ist ganz einfach: Auch wenn es keine Garantien gibt, so kann man sich doch mit verschiedenen Kennzahlen dem fairen Wert einer Aktie annähern. Du hast es also in der Hand, Deine Chancen auf ein gutes Investment deutlich zu verbessern, indem Du ein paar Indikatoren beherzigst.

Bevor wir uns diese Indikatoren gleich näher anschauen, gibt’s noch ein paar kurze Hinweise. Beim Aktien bewerten sind verschiedene Herangehensweisen denkbar.

Fans der Technischen Analyse stellen für ihre Bewertung auf den Chart der Aktie ab. Dafür gucken sie, wie sich der Aktienkurs in der Vergangenheit entwickelt hat. Ist z.B. eine Aktie bei ihren Auf- und Abbewegungen nicht unter einen Kurs von 10 Euro gefallen, so spricht man dort von einer Unterstützung. Das bedeutet, dass die Aktie vermutlich auch künftig nicht unter 10 Euro fallen wird und dort vielleicht eine gute Einstiegsmöglichkeit besteht. Ist der Kurs dagegen mehrfach nicht weiter als 15 Euro angestiegen, spricht man von einem Widerstand. Die Chartanalyse würde dann ergeben, dass der Kurs mutmaßlich auch in der Zukunft nicht weiter steigt, an dieser Stelle also eher ein Verkauf in Frage kommt.

Aktien bewerten nur per Chart - die technische Analyse
Für die technische Analyse zählt nur der Chart (Bild von Csaba Nagy auf Pixabay).

Mit der technischen Analyse werden wir uns hier aus mehreren Gründen nicht näher beschäftigen. Zum einen eignet sie sich eher für kurzfristiges Trading und ist in ihrer Aussagekraft umstritten. Zum anderen gibt es dafür Leute, die sich deutlich besser damit auskennen, als der AnlageAlligator ?.

Die Fundamentalanalyse dagegen rückt das Unternehmen hinter der Aktie in den Vordergrund. Getreu dem Motto „Aktien bewerten heißt Unternehmen bewerten“ werden einerseits harte Fakten abgeklopft, d.h. wichtige Bilanzkennzahlen des Unternehmens analysiert und mit der Kursentwicklung ins Verhältnis gesetzt. Andererseits werden auch weiche Faktoren untersucht: Wie stark ist die Konkurrenz? Wie gut stehen die Chancen des Unternehmens in der Zukunft? Ist der Sektor anfällig für staatliche Eingriffe?

Während die Technische Analyse all diese Fragen ausblendet und alle relevanten Informationen allein aus der Vergangenheit des Aktienkurses zieht, richtet die Fundamentalanalyse den Blick auf die erwartete zukünftige Entwicklung des Unternehmens.

In diesem Beitrag werden wir uns vor allem anhand wichtiger Kennzahlen aus der Fundamentalanalyse anschauen, wie man Aktien bewerten kann. Eine nähere Bilanzanalyse klammern wir an dieser Stelle erstmal aus, um den Artikel nicht zu überfrachten. Wer sich ganz intensiv mit dem Thema beschäftigen möchte, findet am Ende noch einen tollen Vertiefungsvorschlag ?.

Alles klar soweit?

Gut, dann legen wir jetzt los!

2. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist der absolute Klassiker unter den Bewertungsgrößen für Aktien. Am KGV kannst Du ablesen, mit dem Wievielfachen des aktuellen oder erwarteten Gewinns eine Aktien bewertet ist. Wie es sich für einen Klassiker gehört, ist die Berechnung auch nicht sonderlich kompliziert:

KGV = Aktienkurs ./. Gewinn pro Aktie

Beispiel: Die E.ON-Aktie steht aktuell bei einem Kurs von rund 9,70 Euro. Für das Jahr 2020 wird ein Gewinn von 0,54 Euro pro Aktie erwartet. Daraus ergibt sich ein KGV von 17,96.

Ich vermute mal, Dir drängen sich jetzt drei Fragen auf. Wie hilft mir das KGV weiter? Welche Nachteile hat es? Und wo bekomme ich überhaupt die Daten dafür her? Keine Sorge, schauen wir uns alles an. Allerdings in umgekehrter Reihenfolge.

2.1 Die Quellen – wie Du an die nötigen Daten zum Aktien bewerten kommst

Wer Aktien bewerten will, muss sich erst einmal die nötigen Daten beschaffen.
Wer Aktien bewerten will, muss sich erst einmal die nötigen Daten beschaffen (Foto von Adeolu Eletu auf Unsplash).

Am unverfälschtesten bekommst Du die erforderlichen Zahlen direkt am Ursprung, nämlich auf der Investor-Relations-Seite des jeweiligen Unternehmens. Dort findest Du Informationen über Insiderkäufe bzw. verkäufe und – ganz wichtig – den Geschäftsbericht. Einfach mal „Unternehmensname ir“ (ir für investor relations) googlen!?

Nun ist so ein Geschäftsbericht oft viele Seiten lang und für einen Schnellüberblick weniger geeignet. Hinzu kommt, dass sich dort – wenn überhaupt – oft nur vage Erwartungen zur zukünftigen Entwicklung finden, mit denen man schlecht rechnen kann.

Deswegen gibt es einige Portale, die Dir die nötigen Daten zum Aktien bewerten schon übersichtlich aufbereitet an die Hand geben, was auch die Erwartungen der Analysten für die kommenden Jahre einschließt. Du solltest aber immer mit Argusaugen darauf schauen, dass die Zahlen aktuell sind und sie vielleicht auf einer weiteren Seite gegenchecken.

Der Alligator nutzt zum Beispiel ganz gerne Seiten wie den MarketScreener oder finanzen.net. Beide Seiten sind auf Deutsch verfügbar, allerdings ein bisschen mit Werbung überfrachtet. Teilweise finden sich auch auf der Börsen-Seite der ARD ganz brauchbare Infos. Für den US-amerikanischen Markt gefällt mir der Aktienscreener von finviz* am besten. Bereits in der kostenlosen Variante findest Du eine beeindruckende Vielzahl an Statistiken und Charts, die in der kostenpflichtigen Elite-Version noch um Echtzeitdaten, zusätzliche Charts, Info-Letter und Performance-Tools erweitert wird. finviz* gibt es allerdings nur auf Englisch.

2.2 Was das KGV kann…

Da das KGV den aktuellen Kurs und den (Jahres-)Gewinn ins Verhältnis zueinander setzt, gibt es Dir Auskunft darüber, wie viele Jahre es (bei gleichbleibendem) Gewinn dauern wird, bis das Unternehmen seinen aktuellen Preis wieder reingeholt hat. In unserem E.ON-Beispiel von oben würde es also ca. 18 Jahre dauern, bis das Unternehmen so viel Gewinn erwirtschaftet hat, dass sich der aktuelle Aktienpreis amortisiert hat.

Vor dem Hintergrund, dass an den Börsen die Zukunft gehandelt wird, solltest Du den für das laufende und für das kommende Geschäftsjahr erwarteten Gewinn zugrunde legen. In Ausnahmesituationen mit einschneidenden Ereignissen – wie aktuell die COVID-19-Pandemie – kann es auch ratsam sein, auf den erwarteten Gewinn in drei, vier Jahren zu schauen, wenn das außergewöhnliche Ereignis die Bilanz nicht mehr (gravierend) beeinflusst.

Ein hohes KGV spricht tendenziell für eine überbewertete Aktie, während ein niedriges KGV eher auf eine günstige Kaufgelegenheit hinweist. Erschwert wird das Aktien bewerten auf Basis des KGV allerdings dadurch, dass die üblichen KGVs von Branche zu Branche sehr unterschiedlich ausfallen können. Während mittlerweile für wachstumsstarke Tech-Unternehmen ohne Weiteres KGVs von über 25 gezahlt werden, bewertet man die „Dickschiffe“ der Old Economy (Industrie, Autos, Versorger, Bau usw.) eher mit dem zehn- bis achtzehnfachen Jahresgewinn. In besonders schwierigen Branchen (Banken, Tabak, Öl) sind sogar klar einstellige KGVs nicht unüblich.

Was auch klar ist: Im Vergleich Dividendentitel vs. Wachstumsaktien haben in der Regel letztere ein klar höheres KGV.

Eine über diese groben Richtwerte hinausgehende Tabelle, welche KGVs als günstig und welche als zu teuer einzustufen sind, gibt es leider nicht. Was ich Dir aber versichern kann: Wenn Du Dich länger mit Aktien beschäftigst und Dir viele verschiedene Unternehmen ansiehst, wirst Du mit der Zeit ein Gespür dafür bekommen, welche KGVs in welchen Bereichen gezahlt werden. Wie so viele andere Dinge im Leben eben auch, kommt Finanzwissen leider nicht von heute auf morgen. Aber es kommt. Versprochen.

Die Alaramglocken sollten bei Dir jedenfalls schrillen, wenn KGVs jenseits der 30 oder gar 40 aufgerufen werden. Das muss nicht zwangsläufig heißen, dass das betreffende Unternehmen viel zu teuer bewertet ist. Sehr häufig wird das aber so sein.

2.3 …und was nicht

Ein erstes Problem mit dem KGV ist bereits angeklungen. Die marktüblichen Bewertungen unterscheiden sich von Sektor zu Sektor. Die Tatsache, dass der Markt auch viele andere Aspekte wie die finanzielle Stabilität, die Marktposition und den Ruf des Führungspersonals mit einpreist, macht es sicherlich nicht einfacher.

Außerdem eignet sich das KGV natürlich nur zur Bewertung von bereits profitablen Unternehmen. Wer ein Auge auf riskante junge Wachstumsraketen, die noch kräftig Geld verbrennen, geworfen hat, wird mit dem KGV nicht glücklich werden. Denn wo noch kein Gewinn gemacht wird, kann es auch kein Kurs-Gewinn-Verhältnis geben.

Auch Unternehmen, die gerade erst die Gewinnschwelle überschritten haben, wird man mit dieser Kennzahl nicht gerecht. Andernfalls käme man bei einem Gewinn von vielleicht noch wenigen Cent pro Aktie schnell auf ein KGV im Hunderterbereich und die Aktie würde hoffnungslos überbewertet wirken. Wie man solche Unternehmen besser vergleichen kann, schauen wir uns gleich noch an.

Bedingt durch die vor einigen Jahren noch völlig undenkbare Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank werden in letzter Zeit immer wieder Stimmen laut, die Ära des KGV als Standardgröße beim Aktien bewerten sei vorbei. Zum einen führe die Geldschwemme auf dem Aktienmarkt dazu, dass sämtliche KGVs generell steigen und Größen von über 20 oder gar 30 zur Norm werden. Zum anderen sei der Gewinn im Zeitalter von wachstumsgetriebenen Unternehmen kein relevante Größenordnung mehr. Schließlich würden Erträge ständig reinvestiert und damit das Bild an sich erfolgreicher Unternehmen verzerrt.

Diesen Abgesang will der Alligator allerdings nicht mitgehen. Zunächst einmal bleibt abzuwarten, ob es wirklich dauerhaft zu einer Verschiebung der gewohnten KGVs kommen wird. Selbst wenn das der Fall sein sollte, werden wir uns aber unproblematisch daran gewöhnen und auf dieser Grundlage das KGV weiter nutzen können. Was Wachstumsunternehmen anbelangt, ist das KGV (allein) sicher keine ideale Größe. Wie schon angeklungen ist, werfen wir in diesem Beitrag gleich noch den Blick auf passendere Indikatoren.

3. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis

Was will ich denn mit dem Umsatz? Klar, ein Unternehmen, das 499 Millionen Euro investieren muss, um 500 Millionen Euro Umsatz zu machen, wird am Ende maximal mickrige 0,2 Prozent Gewinn machen. Toller Profit…

Aber halt! Nicht vorschnell urteilen. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) ist eine oftmals unterschätzte Bewertungsgröße. Was es besser kann als das KGV, sehen wir gleich noch. Hier erstmal die Berechnung:

KUV = Aktienkurs ./. Umsatz pro Aktie

Auch nicht besonders kompliziert, oder?

Jetzt zu den Dingen, die einen Blick auf das KUV lohnenswert machen:

Auch wenn Benjamin Franklin nicht gerade begeistert dreinblickt – viele junge Unternehmen verbrennen erstmal kräftig Geld (Foto von Jp Valery auf Unsplash).

Zunächst einmal lösen wir das vorhin gefundene Problem der Bewertung von Aktien, deren Unternehmen noch keinen Gewinn machen. Auch wer rote Zahlen schreibt, macht Umsatz. Klar, man kann auch viel Umsatz machen und dennoch ein schlechtes Unternehmen sein. Aber einen gewissen Rückschluss auf die Nachfrage lässt er schon zu.

Daneben können wir auch am Umsatz ablesen, ob ein Unternehmen wächst. Wenn es sich weiterentwickelt, ist auch ein entsprechendes Umsatzwachstum zu erwarten.

Du kannst also schon einmal die Bedeutung von Startups am Markt (Umsatzanteil) und deren Entwicklungsgeschwindigkeit (Umsatzwachstum) vergleichen.

Last but not least: Der Umsatz ist deutlich ehrlicher als viele andere Kennzahlen. Du kannst ihn Dir ein bisschen als einen unbehandelten Rohstoff wie Weizen vorstellen. Ob am Ende Brot, Süßgebäck oder Bier daraus wird, hängt davon ab, wie er verarbeitet wird. Genauso sind auf dem Weg zum Jahresgewinn viele Kniffe und Bilanztricks möglich, die das Ergebnis verzerren und Dich möglicherweise zu falschen Rückschlüssen über die Qualität eines Unternehmens verleiten.

Du siehst, wenn Du Aktien bewerten willst, lohnt sich immer auch ein Blick auf’s KUV.

Und was ist jetzt ein „gutes“ KUV? Wer den Teil zum KGV aufmerksam gelesen hat, ahnt es vielleicht schon: Es kommt drauf an ?. Auch hier gibt es keine klaren Grenz- oder Richtwerte. Ein KUV bis zwei ist recht normal, wachstumsstarke Unternehmen (gerade aus dem Tech-Bereich) können auch mit einem KUV von 4 oder 5 vernünftig bewertet sein. Wenn es dann Richtung 10 geht, muss das Unternehmen schon auf breiter Front seeehr sehr überzeugend daher kommen. Ansonsten solltest Du von zweistelligen KUVs eher die Finger lassen.

4. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis

Anders als KGV und KUV verrät Dir das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) nichts darüber, wie viel ein Unternehmen zur Zeit erwirtschaftet bzw. verkauft. Es gibt vielmehr darüber Aufschluss, was der Markt aktuell für das Reinvermögen des Unternehmens zu zahlen bereit ist. Kurz gesagt: Was sind die Vermögenswerte nach Abzug der Schulden wert?

KBV = Aktienkurs ./. Umsatz pro Aktie = Marktkapitalisierung ./. Eigenkapital

Wir müssen also nur gucken, wie hoch das Unternehmen insgesamt an der Börse bewertet ist (sog. Marktkapitalisierung) und das durch das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital teilen. Wenn das Ergebnis 1 beträgt, ist das Unternehmen an der Börse genauso bewertet, wie es den realen Vermögenswerten entspricht.

Bei einem KBV größer 1 zahlst Du an der Börse über den eigentlichen Wert hinaus drauf, was üblich ist. Immerhin preist die Börse neben den klassischen Vermögenswerten viele andere Dinge ein, etwa die Zukunftsaussichten eines Unternehmens oder eine besondere Marktstellung.

Bei einem KBV von weniger als 1 bezahlst Du folglich an den Märkten aktuell weniger, als das Unternehmen an Vermögenswerten vorzuweisen hat. Das heißt, wenn Du Aktien kaufst und man das Unternehmen jetzt abwickeln würde, bliebe sogar noch Geld übrig! Klingt verrückt? Irgendwie schon. Das würde ja auf einen sicheren Gewinn herauslaufen.

Aber Vorsicht: Nur sehr selten finden sich solche echten Value-Chancen, bei denen der Markt den eigentlichen Wert eines Unternehmens völlig falsch bepreist. Wesentlich häufiger bestehen Zweifel an den in der Bilanz aufgeführten Vermögenswerten. Auch kann es sein, dass die Zukunftsaussichten als düster angesehen werden. Bis zu einer letztendlichen Abwicklung des Unternehmens könnte das Eigenkapital dann noch deutlich sinken.

Dennoch gilt, bei aller Vorsicht, dass ein niedriges KBV, insbesondere eines unter 1, auf eine Chance für Value-Investoren hindeutet. Value-Investor? Moment, die Erklärung überlassen wir Altmeister Warren Buffet.

Kaufe einen Dollar, aber bezahle nicht mehr als 50 Cent dafür.Warren Buffet, Investment-Legende

Value-Investoren suchen also nach Unternehmen, die sie (deutlich) unter deren eigentlichem Wert kaufen können. Bedarf an Buffet-Zitaten schon gedeckt? Ja? Achwas, der Alligator findet: Von Warren kann man nie genug bekommen und haut daher noch ein thematisch passendes raus! ?

Price ist what you pay. Value is what you get.Immer noch Warren Buffet, immer noch Investment-Legende

So, jetzt reicht’s aber zum Value-Investing. Wir sind ja nicht bei Anlagestrategien sondern bei Bewertungskennzahlen. Um das KBV abzuschließen: Üblich sind hier für ordentlich Unternehmen durchaus auch Werte von 2 oder 3. Kritisch wird’s ab 6 oder 7 aufwärts.

Nachdem viele Anleger besonders auf der Suche nach schnellen und hohen Renditen sind, schauen wir uns noch zwei weitere Möglichkeiten an, wie man (Wachstums-)Aktien bewerten kann.

5. Das Price-Earnings-to-Growth-Ratio

Das Price-Earnings-to-Growth-Ratio (PEG) – puh, was für ein Name? – setzt das eingangs kennengelernte KGV mit dem Gewinnwachstum eines Unternehmens ins Verhältnis. Das klappt natürlich erneut nur dann, wenn das Unternehmen schon profitabel ist. Gerade junge Wachstumsraketen ?, die gerade so die Gewinnschwelle überschritten haben, weisen oft verrückt hohe KGVs auf, die in die Hunderter gehen können. Das blanke KGV hat hier einfach nicht genug Aussagekraft.

PEG = KGV ./. erwartetes Gewinnwachstum (in Prozent)

Wenn also die Beispiel AG zu einem (hohen) KGV von 40 notiert, klingt das zunächst recht abschreckend. Allerdings hat die Beispiel AG in der Vergangenheit stets ein tolles Wachstum hingelegt, sodass für die nächsten 5 Jahre damit gerechnet wird, dass ihr Gewinn jährlich um 40 Prozent steigen wird. KGV ./. erwartetes Gewinnwachstum ergibt also 1. Das entspricht einer fairen Bewertung auf Grundlage des PEG.

Denn: Wachstum kostet. Mehr Wachstum heißt in der Regel auch ein höheres KGV. Dem trägt das PEG Rechnung. Je weiter das PEG unter 1 liegt, desto besser. Je weiter darüber es liegt, umso eher könnte eine Überbewertung vorliegen.

6. Die Rule of 40

Wer Aktien bewerten will, tut sich bei Startups oft besonders schwer.
Startups sind besonders schwer zu bewerten – einerseits schreiben sie fast immer Verluste, andererseits haben sie sich auch noch nicht über viele Jahre beweisen können (Foto von geralt auf Pixabay).

Den Abschluss unserer Kennzahlenbetrachtung macht die Rule of 40. Diese Regel hat ihre Ursprünge im Silicon Valley, wo sie als „Filter“ für weniger erfolgversprechende Startups, vor allem junge Software-Unternehmen, entwickelt wurde. Nach der Rule of 40 ist ein Wachstumsunternehmen dann vielversprechend, wenn das Umsatzwachstum und die Gewinnmarge zusammen mindestens 40 ergeben.

Rule of 40: Umsatzwachstum (in Prozent) + Gewinnmarge (in Prozent) = mind. 40?

Wächst ein Unternehmen also mit 30 Prozent pro Jahr, muss es eine Gewinnmarge von mindestens 10 Prozent aufweisen, damit die Rule of 40 erfüllt ist. Schließlich sagt der Umsatz allein ja noch nicht viel über die Qualität eines Unternehmens. Erst über die Gewinnmarge erfahren wir, wie viel vom Umsatz als Gewinn hängenbleibt.

Dass viele Startups noch defizitär sind, ist für die Anwendung der Rule of 40 kein Problem. Ein Unternehmen mit einer negativen Gewinnmarge von z.B. -15 Prozent muss dieses Manko entsprechend mit einem Umsatzwachstum von mindestens 55 Prozent ausgleichen (-15 + 55 = 40).

Auch wenn es sich bei der Rule of 40 mehr um eine JA/NEIN-Regel handelt, kann man doch ein paar Abstufungen machen. Wird die 40 knapp verpasst, ist das noch nicht zwingend ein K.O.-Kriterium. Auf der anderen Seite gibt es auch echte Wachstumstorpedos, die einen Wert von 60, 80 oder sogar noch mehr erreichen.

Als alleiniges Kriterium ist die Rule of 40 sicherlich ein bisschen zu wenig. Im Startup-Bereich ist sie allerdings ein sehr hilfreiches.

So, damit hast Du’s auch schon fast geschafft. Zum Abschluss noch ein paar Anmerkungen zur Einordnung…?

7. Ein paar Worte zum Schluss…

In diesem Beitrag hast du 5 Methoden an die Hand bekommen, mit denen Du Aktien bewerten kannst. Jede dieser Kennzahlen hat ihre Vorzüge. Und natürlich auch Nachteile. Deswegen ist es wichtig, dass Du Dich nicht auf eine allein verlässt, sondern auf so viele Kennzahlen wie möglich zurückgreifst, um ein verlässliches Bild zu bekommen. So erhöhst Du die Chance, dass die richtigen Aktien in Deinem Depot landen, deutlich.

Zu einer großen Analyse gehört natürlich noch einiges mehr als nur ein Blick auf die hier vorgestellten Bewertungsgrößen. Wer beim Aktien bewerten ganz ausführlich vorgehen will – was ideal ist – der wirft auch einen Blick in die Bilanz. Welche Vermögenswerte hat das Unternehmen? Wie steht es um den Cash flow? Wie hoch ist die Verschuldung? Wie viele Verbindlichkeiten werden kurzfristig fällig, wie viele langfristig?

Und das sind ja nur die Zahlen. Was ist mit dem Geschäftsmodell? Wie steht es um die Branche? Gibt es viel Konkurrenz oder hat das Unternehmen einen Burggraben?

Aber keine Panik, auch das kannst Du Dir alles aneignen – wenn Du willst. Mit den Kennzahlen aus diesem Beitrag kannst Du jedenfalls flott und überblicksweise eine Aktie bewerten. Das reicht in der Regel schon aus, um zu entscheiden, ob das Unternehmen überhaupt eine nähere Betrachtung wert ist. Und das ist ganz entscheidend. Selbst wenn Du Dich 24/7 mit Aktien beschäftigst, wirst Du nicht genug Zeit haben, alle Unternehmen intensiv zu analysieren.

Beim Aktien bewerten musst Du Dir schnell einen Überblick verschaffen.
Mit den hier vorgestellten Kennzahlen kannst Du schnell erkennen, ob eine Aktie für Dich in Frage kommt (Bild von freepik).

Falls Du nicht an einer langfristigen Anlage interessiert, sondern eher auf kurz- bis mittelfristiges Trading aus bist, kann so eine Kennzahlenbetrachtung (evtl. zusammen mit ein bisschen Charttechnik) sogar schon ausreichen.

Übrigens: Falls ein Unternehmen dauerhaft zu hoch bewertet erscheint, der Kurs aber trotzdem immer weiter davon zieht (Amazon lässt grüßen ?) kann ein Sparplan eine Möglichkeit sein, Stück für Stück einen Fuß in die Tür zu bekommen.

Okay, der Beitrag ist jetzt lange genug geworden. Zeit zum Ende zu kommen?. Für alle, die sich noch intensiver mit dem Thema Aktien bewerten bzw. den dahinterstehenden Unternehmen beschäftigen wollen, gibt’s jetzt wie versprochen noch einen lohnenden Vertiefungshinweis!

Vertiefungshinweis
Als der AnlageAlligator anfing, sich mit Aktien- und Unternehmensbewertung zu beschäftigen, hat er immer wieder – mal hier, mal da – eine Bewertungkennzahl aufgeschnappt. War ganz schön nervig, sich alles einzeln zusammenzusuchen, anstatt das Thema einfach mal zusammenhängend anzugehen ??.

Das ging solange, bis er eines Tages über das Buch Unternehmensbewertung & Kennzahlenanalyse* von Nicolas Schmidlin gestolpert ist. Dem Titel entsprechend handelt es sich natürlich nicht um einen Abenteuerroman, aber das ist ja auch nicht der Anspruch dieses Buches. Schmidlin schafft es, Bilanzen und Kennzahlen lebensnah und mit vielen tollen Praxisbeispielen zu erklären. Bei jedem Satz hat man den Eindruck, dass da jemand nicht nur versteht, worüber er schreibt, sondern auch für wen.

Wenn Du Dich also näher mit Bilanzen beschäftigen und Dein Wissen über Kennzahlen vertiefen möchtest, ist dieser Titel genau das Richtige für Dich. Dem Alligator hat er jedenfalls geholfen, ein besserer Anleger zu werden. Nicht umsonst hat sich das Buch mittlerweile zu einem Bestseller entwickelt und ist gerade ganz frisch in der dritten Auflage erschienen.

Hier geht’s zum Buch!*

Ich hoffe, Du hast aus diesem Beitrag ein bisschen was mitnehmen können! Wie gehst Du das Thema Aktien bewerten an? Wie ausführlich fällt Deine Analyse aus? Der Alligator freut sich wie immer über Dein Feedback! ??

Der schnelle Happen ?

  1. Beim Aktien bewerten kannst Du grundsätzlich auf die Technische Analyse oder auf die Fundamentalanalyse zurückgreifen.
  2. Während die Technische Analyse ihre Schlüsse allein aus dem bisherigen Chart, also aus der Vergangenheit zieht, speist sich die Fundamentalanalyse aus Erwartungen für die Zukunft, wobei Kennzahlen eine große Rolle spielen.
  3. Die bekannteste Kennzahl zum Aktien bewerten dürfte das Kurs-Gewinn-Verhältnis sein, welches aber nur auf profitable Unternehmen anwendbar ist.
  4. Für Unternehmen, die noch Verluste schreiben, insbesondere Startups und junge Wachstumsunternehmen, bieten sich eher das Kurs-Umsatz-Verhältnis, das Price-Earnings-to-Growth-Ratio und die Rule of 40 an.
  5. Das KBV gibt Aufschluss darüber, ob die Vermögenswerte eines Unternehmens am Markt richtig bepreist werden und ist gerade für Value-Investoren interessant.
  6. Du solltest Kennzahlen nie isoliert, sondern im Zusammenspiel betrachten, um ein möglichst zuverlässiges Bild zu bekommen. Langfristig orientierten Anlegern helfen Kennzahlen vor allem dabei, eine Vorauswahl zu treffen, bei welchen Aktien sich eine nähere Betrachtung lohnt. Kurzfristige Trader können sie (evtl. zusammen mit einer Chartanalyse) zum timen von Ein- und Ausstieg nutzen.
  7. Wer sich mehr Wissen zu Kennzahlen und Bilanzen anlesen möchte (empfehlenswert) dem sei das Buch Unternehmensbewertung & Kennzahlenanalyse* von Nicolas Schmidlin ans Herz gelegt.

Hinweis: Mit * markierte Links sind sog. Affiliate-Links. Wenn Du ein Produkt über einen solchen Link bestellst, erhalte ich eine Provision für die Vermittlung. Selbstverständlich entstehen Dir dadurch keinerlei zusätzliche Kosten. Da der Alligator ausschließlich von ihm selbst genutzte Produkte empfiehlt, profitieren wir beide: Du bekommst ein seriöses, ausgiebig getestetes Produkt und sicherst gleichzeitig den Fortbestand des AnlageAlligators. Also Artenschutz. Quasi.

Vielen Dank für Deine Unterstützung!

1 Gedanke zu „Aktien bewerten – aber wie? 5 einfache Kennzahlen für Deine Schnellanalyse“

  1. Interessanter Beitrag.
    Ich bin nach über 15 Jahren Börse ein Freund davon die technische Analyse mit der Fundamentalanalyse zu kombinieren.
    Die Fundamentalanalyse nehme ich, um mir einen Wert auszusuchen den ich kaufen möchte, die technische Analyse nehme ich hingegen um den Einstieg zu wählen. Meiner Ansicht nach „das Beste aus zwei Welten“. Seitdem ich so vorgehe hat sich meine Performance deutlich verbessert…
    Gruß
    Max

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Hey Du! ? Sorry für die kurze Störung. Falls es Dir beim Alligator gefällt, lass doch eben Deine Mailadresse da. So bekommst Du als Erster alle neuen Tipps und Tricks in Dein Postfach. ?

Das war’s auch schon, viel Spaß beim Weiterlesen! ?